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Holzhäuser und Pappessen. Willkommen in Small Town America

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Von Anna | Anemina Travels

Politisch zählt Ohio zu den Swing States, jenen Bundesstaaten, in denen Wahlergebnisse traditionell knapp ausfallen. Er ist einer der bevölkerungsreichen Staaten im Mittleren Westen, die bei Präsidentschaftswahlen eine ausschlaggebende Rolle spielen. Touristisch hat Ohio – trotz der Lage am Eriesee – nicht ganz so große Bedeutung. Die Landschaften des Mittleren Westens, sagt man, sind wie seine Menschen: unaufgeregt und freundlich.

Notizen aus dem Herzen der USA

Im Giant Eagle kurz vor der Abfahrt auf die Interstate 77 treffen wir Sue. Sie steht in der Kassenschlange vor uns und hat einen Batzen fein säuberlich ausgeschnittener Rabattcoupons in der Hand. Auf das Band hat sie all die Dinge gelegt, auf die es heute Preisnachlässe gibt. Das sind ausnahmslos Kalorienbomben. Eine Großpackung Mini-Cupcakes mit Frosting in Pastellfarben, Sugar Cookies mit Zuckerguss und -sternen in den Nationalfarben Rot, Blau und Weiß, außerdem eine Familienpizza mit Salami und extra Käse zum Aufbacken, Chips, Cola und Root Beer.

Sue hat ein ziemlich offensichtliches Problem mit Übergewicht. Ihre Oberschenkel hängen über ihre Kniekehlen und ihre Oberarme über die Ellenbogen. Viele Menschen, die wir hier treffen, haben ein Problem mit Übergewicht. Sue fährt einen dunkelblauen SUV. Die höheren Türen erleichtern ihr das Ein- und Aussteigen. Sie wirkt sehr fröhlich. Den unvermeidlichen Small Talk an der Supermarktkasse meistert sie mit Bravour.

Roadtrip durch Amish County

Wir sind auf dem Weg nach Berlin. Die 3.500 Einwohner zählende Gemeinde liegt im Holmes County, Ohio und ist die Hauptstadt der amerikanischen Amish People. Nirgends sonst leben so viele Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft. Die Amish lehnen technische Neuerungen ab. ihr Leben ist stark in der Landwirtschaft, im Glauben und in der Familie verwurzelt. In ihren Gärten hängt Wäsche zum Trocknen auf der Leine. Statt Pick-up stehen in ihren Einfahrten Kutschen. Sie beackern ihre Felder mit Pferd und Pflug.

Man sieht sie im Vorbeifahren auf den Feldern. Zu erkennen sind sie an ihrer Kleidung und die Männer an den Bärten. Nicht alle Amish sind so streng wie es die Religion vorschreibt. Ihren Kutschen stehen auch vor normalen Supermärkten oder bei McDonalds.

„It’s cool. It’s perfectly normal. They do work for us, we do work for them, we talk when we meet each other“, erzählt uns Bob Smith. Mit den Widersprüchen zwischen religiöser Tradition und voranschreitender Moderne ist er aufgewachsen. Bob lebt am alten Highway 20. Wir treffen ihn in einer Sportsbar in Millersburg, der einzige öffentliche Ort mit Fernseher weit und breit. Es ist früher Nachmittag und Bob, der mit einem Freund zum Golfen in der Gegend ist, ist einer der wenigen Gäste. Die beiden sind zum Mittagessen hier. Es gibt Burger und Rippchen.

Wahlkampf im Vorgarten

Als er hört, dass wir aus Deutschland sind, freut sich Bob. Er war schon in Heidelberg, erzählt er uns. Nur, dass wir extra her gefahren sind, um uns die Region anzuschauen, das versteht er nicht. Er fragt nach unseren weiteren Plänen und wir erzählen, dass wir auf dem Highway 20 nach Westen weiter fahren wollen. Auch das ist für Bob schwer zu begreifen. „Seid ihr bescheuert? Da ist es doch total langweilig und ihr kommt nicht voran“, sagt er. Seine Begleitung pflichtet ihm bei.

Kurz bevor die beiden gehen, lädt Bob uns spontan zum Zelten auf seinem Grundstück ein. Sieben Hektar ist es groß, mehr als genug Platz für ein kleines Zelt wie unseres. Bier hat er auch im Kühlschrank. Doch sein Zuhause liegt leider nicht auf unserer Route. Wir müssen ablehnen, weil wir noch so viele Meilen vor uns haben.

Aber wir ignorieren Bobs Warnung. Statt auf dem Ohio Turnpike durchs Land zu preschen, fahren wir bei Norwalk wieder auf den Highway 20. Hier geht es langsamer zu als auf der I-90. Wir kommen nicht schnell voran, weil das Tempolimit die 60 Meilen pro Stunde kaum einmal überschreitet und die Straße immer wieder durch Ortschaften führt.

Es sind Ortschaften, deren Häuser komplett aus Holz gebaut sind. In den Vorgärten hängen riesige amerikanische Flaggen, hier und da steckt in einem Vorgarten ein kleines „Support Trump“-Schild im Boden. Für Hillary Clinton spricht sich niemand aus – nicht auf diese Weise. Ob Bob auch ein solches Schild im Vorgarten stecken hat, haben wir nicht erfahren. Politik ist in Small Town America kein geeignetes Thema für einen Smalltalk unter Fremden in einer Bar.

Small Town America Roadtrip auf dem Highway 20

Der Highway 20

Der Highway 20 ist – neben der legendären Route 66 – einer der bekanntesten amerikanischen Highways. Ebenso wie die Route 66 ist er längst keine Hauptstraße mehr. Er führt durch Siedlungen, die wirken, als sei die Zeit stehen geblieben. Hier findet man selten die Leuchtreklamen großer Ketten, die an der Interstate um Kunden buhlen. Die Motels entlang des Highway 20 sind inhabergeführt, den Hunger stillen klassische kleine Diner. Es ist ein Teil von Amerika, den kaum jemand wirklich kennt.

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